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Russland, USA,Europa,Ukraine: E. Todd

 

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Emmanuel Todd

Für den französischen Historiker werden die Brics das Machtvakuum füllen, das der Westen hinterlassen wird. Im Abstieg der USA sieht er eine Chance für den Frieden.

 

Interview

 

:

Raphael Schmeller

22.10.2024 04:07 Uhr

copyright BZ 2024

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Emmanuel Todd ist einer der führenden Intellektuellen Frankreichs. 1976 sagte er den Zusammenbruch der Sowjetunion voraus und wurde damit berühmt. Heute sieht Todd das Ende des Westens und damit einhergehend den Aufstieg der Brics-Staaten. Deutschland und Europa empfiehlt er, Frieden mit Russland zu schließen und sich von Amerika zu lösen. Den Krieg in der Ukraine habe der Westen längst verloren. Am heutigen Dienstag beginnt der Brics-Gipfel im russischen Kasan. Die Berliner Zeitung sprach mit Emmanuel Todd über seine Thesen, die in Frankreich bereits kontrovers diskutiert werden. 

 

 

 

 

Herr Todd, Ihr jüngstes Buch trägt den Titel „Der Westen im Niedergang“. Woran machen Sie diesen Niedergang fest?

Im Moment schaut der ganze Westen wegen der Präsidentschaftswahlen auf die USA, als hinge das Schicksal der freien Welt davon ab. Wenn ich aber auch auf die USA schaue, sehe ich keine Größe, sondern eine Vielzahl von Symptomen, die den Niedergang des Westens illustrieren: Die Kindersterblichkeit in den USA ist wieder gestiegen, die Ungleichheit hat sich in den letzten Jahren – egal ob unter Donald Trump oder Joe Biden – drastisch verschärft und die US-Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise, sodass der Lebensstandard stark gesunken ist. Die Biden-Administration hat riesige Investitionen auf den Weg gebracht, aber Dollar allein produzieren nichts, man braucht auch Facharbeiter und Ingenieure – und davon gibt es in den USA viel zu wenig.

 

 

 

 

 

Zur Person

Emmanuel Todd ist einer der renommiertesten Historiker und Anthropologen Frankreichs. Er studierte an der Pariser Sciences Po und promovierte an der Universität Cambridge. Anschließend forschte er am Institut national d’études démographiques (INED) in Paris zu Fragen der Demographie, Familienstruktur, Religion und Bildung. Am 14. Oktober ist sein neuestes Buch „Der Westen im Niedergang“ in deutscher Übersetzung im Westend Verlag erschienen.

 

 

 

 

 

 

Erwarten Sie, dass sich die Situation in den USA nach den Präsidentschaftswahlen verbessert?

Nein, dieser Wahlkampf ist symptomatisch für den Zustand des Westens: Beide Kandidaten sind grotesk, ideenlos, man könnte auch sagen verrückt, sie werden den Abstieg der USA nicht aufhalten. Für Europa sind Donald Trump und Kamala Harris gleichermaßen schlecht. Der Niedergang des Westens zeigt sich übrigens vor allem in diesen geopolitischen Fragen.

 

Wie meinen Sie das?

Ganz einfach: Der Westen hat den Krieg in der Ukraine verloren. Jetzt wird die Welt neu geordnet, und zwar nicht nach den Vorstellungen des Westens. Es kommen neue Akteure wie die Brics-Staaten ins Spiel.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sind die Brics-Staaten, die gerade in Kasan ihren Gipfel abhalten, nicht viel zu heterogen, um gemeinsame Interessen zu formulieren und das Machtvakuum des Westens zu füllen?

Ja, die Brics sind sehr heterogen, China, Indien oder Brasilien haben, was das politische System angeht, nicht viel gemeinsam. Aber der Ukrainekrieg hat diese Länder näher zusammengebracht. Der Westen wollte Russland isolieren, aber es hat sich gezeigt, dass die Mehrheit der Länder der Welt diesen Kurs nicht mitgehen wollte, und in diesem Kontext haben sich die Brics als eine Art Gegenpol zum Westen herausgebildet, der auch in den Ländern des Südens eine starke Rolle spielt. Deshalb sage ich ja: Der Niedergang des Westens zeigt sich vor allem in seiner Niederlage im Ukrainekrieg. Der Krieg hat das Gegenteil von dem erreicht, was der Westen wollte, er ist in gewisser Weise ein Eigentor.

 

 

Sehen Sie in den Brics langfristig eine ernsthafte Alternative zu westlichen Staatenorganisationen wie der EU?

Der Westen ist im kulturellen Sinne eine Fiktion, die der Vielfalt Europas nicht gerecht wird. Wenn wir vom Westen sprechen, meinen wir eigentlich den amerikanischen Herrschaftsbereich, also die Nato. Es spricht deshalb eigentlich nichts dagegen, dass europäische Länder den Brics beitreten. Nehmen wir Deutschland: Das Land hat industriepolitische Ambitionen, dann wäre es doch sinnvoller, Teil der aufstrebenden Brics zu sein als Teil des schrumpfenden Westens. Ja, Deutschland sollte sich eigentlich um eine Brics-Mitgliedschaft bewerben.

 

 

 

Im Westen werden die Brics oft als „Club der Autokraten“ bezeichnet. Soll sich ein Land wie Deutschland wirklich mit solchen Partnern einlassen?

Über solche Argumente, dass es auf der einen Seite die Guten, die Demokraten, und auf der anderen Seite die Bösen, die Autokraten, gibt, kann ich nur schmunzeln. Ich sehe im Westen keine liberale Demokratie mehr. Die USA sind eine liberale Oligarchie: Oligarchie, weil das Geld das System kontrolliert, liberal, weil es pluralistisch ist, es gibt mehrere Oligarchen. In Frankreich haben wir eine Mikrooligarchie kombiniert mit einem teilweise autoritären Staat. In Deutschland ist die Demokratie ein bisschen besser. Aber das Problem ist, dass Deutschland außenpolitisch nicht souverän ist.

 

 

 

 

Sie halten Deutschland für außenpolitisch nicht souverän?

Berlin entscheidet in diesen Fragen nicht autonom, sondern ist stark von den USA abhängig. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die Briten und die Franzosen irgendwann aus Deutschland zurückgezogen, aber die Amerikaner sind mit ihren Soldaten geblieben. Deshalb ist Deutschland für mich immer noch ein besetztes Land.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lassen Sie uns über die Ukraine sprechen. Sie sagen, der Westen sei in die Falle getappt.

Genau, die Falle war der Euromaidan, je nach Perspektive eine Revolution oder ein Putsch. Der Westen hat sich eingemischt, Waffen geliefert und den Ukrainern ein Ultimatum gestellt: Sie sollten sich zwischen Russland und Europa entscheiden. Das löste die Konfrontation in der Ukraine aus, radikalisierte die Menschen und führte schließlich zum Einmarsch Russlands. Im Westen hatte man dann ab Februar 2022 diesen völlig verrückten Traum, dass man, wenn man die Ukraine bewaffnet, Russland stürzen und einen Regimewechsel einleiten könnte. Aber das ist natürlich nicht passiert, Russland hat diesen Krieg, wie gesagt, schon gewonnen.

 

 

 

 

Ist die Lage in der Ukraine für den Westen wirklich so schlimm?

Ja, das ist sie. Denn der Krieg hat der Welt gezeigt, dass die US-Militärindustrie nicht stark genug ist, um Russland zu besiegen. Der Krieg in der Ukraine war ein Realitätstest für die amerikanische Macht, den Washington verloren hat. Der Westen hat Milliarden Dollar in die Ukraine gepumpt, Waffen, Munition und so weiter wurden geliefert, und trotzdem konnte Russland nicht besiegt werden. Vor allem Europa hat das viel gekostet.

 

Sie meinen die wirtschaftlichen Folgen des Krieges?

Ja, die sind vor allem in Deutschland durch den Wirtschaftskrieg zu spüren, Stichwort Energiekrise, Inflation. Vor dem Krieg in der Ukraine ging es Europa nicht so schlecht, jetzt befindet sich der alte Kontinent in einer Abwärtsspirale.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Welchen Ausgang erwarten Sie für den Krieg in der Ukraine?

Die Russen können den Krieg nur beenden, wenn sie die Ziele erreicht haben, die ihnen aus ihrer Sicht Sicherheit garantieren. Ein Friedensabkommen oder ähnliches ist völlig zweitrangig, weil der Kreml dem Westen nicht mehr traut.

 

Welche Ziele sind das aus Ihrer Sicht?

Aus russischer Sicht müssen sie Odessa und das linke Ufer des Dnipro besetzen und in Kiew eine Marionettenregierung einsetzen.

 

Das wird der Westen doch niemals akzeptieren.

Nein, aber das macht nichts, der Westen hat verloren und kann nichts dagegen tun. Das muss in den Köpfen in Washington, Berlin, Paris und so weiter ankommen. Was jetzt passiert, ist doch völlig absurd: Wolodymyr Selenskyj legt einen Siegesplan vor, obwohl er der Verlierer ist, es werden Friedenskonferenzen organisiert, ohne den Sieger – Russland – einzuladen.

 

 

 

 

Glauben Sie nicht, dass Russland, wenn es die von Ihnen beschriebenen Ziele wirklich erreicht, versuchen wird, andere Länder in Europa anzugreifen?

Dass Russland Polen oder Europa angreifen wird, ist Teil des westlichen Wahns, es ist Paranoia. Die Russen haben nicht die materiellen Möglichkeiten dazu. Denn Russland hat auch strukturelle Probleme, zum Beispiel demographische. Ein noch größerer Krieg in Europa liegt also nicht in ihrem Interesse.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie wird die Welt nach dem von Ihnen prognostizierten Niedergang des Westens aussehen?

Für mich wird es eine friedliche Welt sein. Und das aus zwei Gründen: Erstens, weil ich glaube, dass der Krieg in Europa künstlich ist, also von außen provoziert, von den USA. Russland ist nicht weniger westlich als Deutschland, im Zweiten Weltkrieg war Russland sogar mit den Westmächten verbündet, das darf man nicht vergessen. Russland ist ein europäisches Land, und für mich ist Frieden zwischen den europäischen Nationen, die sich jahrhundertelang bekriegt haben, etwas Selbstverständliches. Wer könnte sich heute einen Krieg zwischen Frankreich und Deutschland oder Dänemark und Schweden vorstellen, nachdem sie so lange gegeneinander gekämpft haben? Wenn die USA aufhören, einen Keil zwischen Europa und Russland zu treiben, wird das auch hier der Fall sein.

Zweitens, wenn wir den Blickwinkel erweitern, stelle ich fest, dass kein Land der Welt ein Interesse an einem großen Krieg hat. Die Welt des 20. Jahrhunderts war eine Welt, die demographisch und wirtschaftlich expandierte, also die materiellen Voraussetzungen für Kriege hatte. Heute kämpfen die großen Staaten mit niedrigen Geburtenraten, wirtschaftlicher Stagnation und einer starken Individualisierung der Gesellschaft. Das sind keine guten Voraussetzungen für große Kriege. Wenn die Länder in Ruhe gelassen werden und nicht mehr von den Amerikanern bedroht werden, wird es friedlicher.

 

 

 

 

 
       
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