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Reichskanzler a.D. Brüning hat das Wort         Von E. J. Reichenberger


Auszug zitiert aus: Ohio Waisenfreund, Ausgabe v. 27. Juli 1946
[Brüning sprach 1946 an der Universität von Chikago]


https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn91069201/1946-07-27/ed-1/seq-5/


 „Als Hitler sein Amt antrat, war es möglich, beinahe genau die Anzahl von Monaten auszurechnen, bis er an Mangel an ausländischer Währung versagen mußte, vorausgesetzt die Wirtschafts- und Finanzpolitik anderer Länder blieb unverändert. Jeder mir Bekannte Finanzsachverständige stimmte mir zu, daß das Stillstandübereinkommen für ausländische Anleihen mit der ständig schwindenden Reserve an fremder Währung Hitlers Regierung im Sommer oder Herbst 1934 zu Fall bringen würde.
       

„Drei unvorhersehbare Faktoren änderten die Situation. Ich glaube, wir alle hatten die Voraussicht ausländischer Regierungen und ihr Interesse, das gewalttätige totalitäre Regime in Deutschland zu stürzen, überschätzt.


„Hitlers erste Hilfe aus den finanziellen Schwierigkeiten, die schon durch die ganz unbedeutsame Aufrüstung entstanden waren, kam im Frühjahr 1933 von der Regierung der Vereinigten Staaten. Die Abwertung des Dollars reduzierte wesentlich den für den Zinsendienst an ausländischer Währung nötigen Betrag und reduzierte zu vierzig Prozent die gewaltige Verschuldung der Städte und der Industrie, besonders der Schwerindustrie, Amerika gegenüber.


„Die Abwertung des Dollars gab die erste Atempause. Nach dem blutigen Gemetzel von 1934 kam die englisch-deutsche Zahlungsvereinbarung. Sie brachte eine so ausgedehnte Förderung des Nazi-Regimes, daß einige der deutschen Beamten, die nach London zu den Verhandlungen entsendet waren, nach langem Schwanken zwischen Patriotismus und ihrem Haß gegen das Nazi-Regime, den Britischen Unterhändlern andeuteten, daß die Bestimmungen des Abkommens Hitlers Macht stabilisieren würden.
Einige der deutschen Delegation baten mich, insgeheim die Herren, die damals hauptsächlich für die englische Außenpoliitk verantwortlich waren, auf die Folgen des Abkommens aufmerksam zu machen. Ich tat so, und man gab mir zu verstehen, daß ich völlig im Irrtum sei…1939 hat ein Londoner Blatt, das dem späteren Jnformationsminister Brendan Brakken gehörte, festgestellt, daß das englisch-deutsche Zahlungsübereinkommen ein bedeutsamer Faktor in der deutschen Ausrüstung war, und daß einige der deutschen Unterhändler alles taten, was in ihrer Stellung möglich war, um den Abschluß der Vereinbarung zu verhindern.


„Hitlers dritter Freund in der Not war die Sowjet-Union. Während meiner Amtszeit war ein Übereinkommen über die Lieferung zahlreicher industrieller Maschinen nach Rußland getroffen worden: die Zahlungen sollten in vierundfünfzig Monaten in dreimonatlichen Raten erfolgen. Hitler erfreute sich des vollen Nutzgenusses der Zahlungen von 1.5 bis zwei Billionen Mark in ausländischer Währung, Gold und Rüstungsmaterial. Jedermann in Deutschland erwartete, die Russen würden die Zahlungen einstellen, nachdem die Nazis illegal die Tankstellen ergriffen, die von der russischen Staatsorganisation zur Gasverteilung über das ganze Reich errichtet waren. Sie taten es nicht.


„So haben drei ausländische Mächte unfreiwillig ein andernfalls unmögliches Aufrüstungsprogramm der Nazi-Regierung ermöglicht. Sie förderten noch in anderer Weise die deutsche Aufrüstung …1937 weigerte sich Hitler rundweg, die internationalen Vereinbarungen anzuerkennen, die eine Kreditausweitung einschränkten und die ausländischen Gläubiger hatten keinen Einwand.   „Das sind die vier Hauptgründe für das ,Geheimnis' des Nazi-Erfolges. Darin besteht die ,Hexerei des Dr. Schacht'. Die Hexenmeister waren in den genannten auswärtigen Ländern.“


Brüning schildert eingehend seine Bemühungen um internationale Abrüstung im Zusammenhang mit der Schuldenregelung.
„Es kam mir der Gedanke, daß Amerika den Schlüssel hielt zur allgemeinen Schuldenregelung und somit in der Lage war, gleichzeitig eine allgemeine Abrüstung der europäischen Mächte zu erzwingen." Er fand volles Verständnis für seine Auffassung beim damaligen Präsidenten Hoover, später noch bei Staatssekretär Stimson. Verschiedene Umstände und Entwicklungen machten den Plan unmöglich. Er erwähnt seine Vereinbarung mit M. Tardieu über die Schaffung einer internationalen Luftpolizei. Dann folgen etliche Feststellungen, die von unendlicher Wichtigkeit sind für die Festlegung der wahren Kriegsursachen und zur wahren Charakterisierung der „friedliebenden Nationen":


„Albert Thomas, der große sozialistische Führer, der Präsident des Inter-nationalen Arbeitsamtes, unterrichtete mich über den Druck, den die Schwerindustrie Westeuropas, außerhalb Englands, ausübte, die deutsche Wiederaufrüstung an Stelle der im Versailler Vertrag vorgesehenen allgemeinen Abrüstung durchzuführen. Diese Kreise sind so weit gegangen, daß sie die Nazis direkt unterstützten, nicht bloß politisch, sondern auch in anderer Weise."


Brüning erzählt dann zum ersten Male öffentlich den wahren Grund seines Rücktritts als Kanzler: „Mein endgültiger Bruch mit Präsident Hindenburg erfolgte, als ich mich weigerte, eine Regierung mit Einschluß der Nazis oder doch mit ihrer Förderung zu bilden. Damals wurde es mir klar, daß er (außerhalb der üblichen Kanäle des Außenamtes und des Verteidigungs-ministers) Winke aus Genf und von anderen Ländern sogar von Diplomaten in Berlin erhalten haben mußte, daß ausländische Militärspezialisten, Finanz- und Wirtschaftsinteressen überall die Wiederaufrüstung Deutschlands einer allgemeinen Abrüstung vorzogen."

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Sebastian Haffner: Hitlers Machtergreifung (Auszug über Brünings Kanzlerschaft)

Haffner, Sebastian: Historische Variationen, dtv 2003, zuerst erschienen als:

Im Schatten der Geschichte, DVA 1985 -

https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Angebote/titel=im+schatten+der+geschichte

 

Eine Chronologie der Regierung Brüning am Ende der Weimarer Republik gibt es hier:

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/archiv/528473/heinrich-bruening-und-der-niedergang-der-weimarer-republik/

 

 

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